Hubspot will von der Inbound-Marketing-Plattform zum Daten-Hub werden

Frank Puscher, 6. Dezember 2019
Bild: Markus Spiske – Unsplash

Es scheint sich ein Trend abzubilden, dass CRM-Anbieter eine größere Rolle im Marketing-Ökosystem spielen wollen. Bei Hubspot hat man gelernt, dass es Kunden manchmal schwer fällt, sich auf eine umfassende Restrukturierung aller Prozesse einzulassen, um das volle Potential der CRM-Software zu nutzen. Die Lösung heißt: mehr Konnektivität zu populären Anwendungen wie Slack, Jira oder sogar Salesforce. Dafür wird mit Piesync auch zugekauft.

Hubspot ist groß geworden mit dem Mantra Inbound Marketing. Die Idee: Unternehmen stellen Kundenkontakt über Themen her, zum Beispiel in Form von Content Marketing. Und die User beginnen dann "freiwillig" mit der Kontaktvertiefung. Sie initiieren die Kontaktaufnahme und nicht die aggressive, bildschirmfüllende Unterbrecherwerbung.

Inzwischen lernt Hubspot schrittweise, dass manche Kunden eine ergebnisoffenere Betrachtung dieser Situation haben. Advertising ist nicht per se böse. Und zum Teil sind es eben genau die gleichen Daten, die bei der Leadgenerierung gesammelt werden, die auch für Targeting das Grundgerüst bilden. CDP heißt das Zauberwort der Stunde, die Customer Data Platform. Und sowohl Salesforce als auch Adobe und Oracle haben dieses Jahr bereits CDP-Initiativen bekannt gegeben.

Will Hubspot seinen Wachstumskurs weiter fortsetzen, muss man sich also stärker an das anpassen, was Unternehmen mit den Daten machen wollen. Und dazu gehört auch, dass Anwendungen wie Slack, Jira oder sogar Salesforce durch die Hubspot-Kunden genutzt werden, um selbst Daten zu sammeln. Es geht also darum, noch bessere, tiefere Verbindungen zwischen der Hubspot-Datenbank und den Apps herzustellen. Und genau das haben die Hubspot-Entwickler in den letzten Jahren gemacht und genau das kann Piesync. Das belgische Unternehmen sammelte letztes Jahr fünf Millionen Dollar Risikokapital ein. Der Wert des Mergers dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

Adzine sprach mit Inken Kuhlmann-Rhinow, der EMEA-Marketing-Chefin von Hubspot, und mit Nancy Riley, die in der Zentrale in Boston für die Entwicklung des Ökosystems von Hubspot verantwortlich ist.

Bild: Hubspot Inken Kuhlmann-Rhinow

ADZINE: Wie geht es Hubspot und Hubspot Deutschland?

Inken Kuhlmann-Rhinow: Hubspot geht es sehr gut. Wir haben ja gerade unsere Zahlen bekannt gegeben und der Wachstumskurs ist stabil. Im Sommer werden wir in Berlin ein neues Büro beziehen. Das ermöglicht uns, als Team weiter zu wachsen. Aktuell haben wir Platz für rund 100 Mitarbeiter, dann reicht es für 250. Und neben Dublin ist das der zweite wichtige Hub in Europa.

ADZINE: Wie muss man den deutschen Markt einschätzen im Vergleich zu anderen Ländern?

Kuhlmann-Rhinow: Es gibt eine Reihe von Märkten, die schon weiter entwickelt sind. Dazu gehört Deutschland auf jeden Fall. Hier gibt es schon sehr viel Wissen zu Themen wie Inbound Marketing oder Marketing Automation. Das ist in anderen Ländern anders, zum Beispiel in Japan. Da müssen wir noch viel mehr Aufklärungsarbeit leisten. Aber das sehen wir ja auch als unsere Stärke.

ADZINE: Warum braucht man Datensynchronisation von Piesync?

Kuhlmann-Rhinow: Inbound Marketing ist für unsere Kunden zu einem zentralen Eckpfeiler für ihr Business und ihr Wachstum geworden. Damit sie aber auch künftig effizient und erfolgreich agieren können, müssen sie sich von Insellösungen verabschieden, mit denen sie einzelne Aufgaben lösen. Wer langfristig eine Top-Customer-Journey abbilden möchte, der braucht alle seine Daten in einem Hub. Denn schließlich ist Inbound Marketing ein datengestützter Ansatz und daher ist eine entsprechend gut gepflegte Datengrundlage absolut essenziell für den Marketingerfolg.

Nancy Riley: Wir haben festgestellt, dass viele unserer Kunden viele verschiedene Applikationen nutzen, um zum Beispiel Leads zu generieren. Unser Bestreben ist es ja grundsätzlich einen zentralen validen Datensatz zur Verfügung zu stellen – und zwar allen Kanälen, die damit arbeiten. Und Piesync hat in einer beeindruckenden Qualität und Geschwindigkeit Konnektoren zu rund 200 Applikationen gebaut. Die haben fast jede Woche eine neue Schnittstelle geöffnet.

ADZINE: War das also eine Frage von make or buy? Schon die 300 eigenen Schnittstellen von Hubspot sind sehr schwer zu handeln.

Riley: Wenn wir unsere Plattform erweitern, dann arbeiten wir mit Partnern zusammen, die unser Kernprodukt ergänzen – gute Beispiele hierfür sind die Integrationen mit Shopify und Zoom. Wenn es aber darum geht, Kern-Features unseres Produkts zu verbessern, dann akquirieren wir auch. Heute integrieren unsere Kunden durchschnittlich mehr als fünf andere Anwendungen in die Hubspot-Plattform und es werden stetig mehr. Dies erschwert den Unternehmen jedoch auch einen zentralisierten Überblick über ihre Kunden und damit wird auch eine reibungslose Customer Journey schwierig. Piesync hat eine sehr umfassende Plattform entwickelt, um Kontakte zu synchronisieren, sowie eine stetig wachsende Liste von Connectoren. Wenn wir das hätten selbst aufbauen wollen, hätte das bedeutend länger gedauert. Nicht zuletzt hat uns der technische Ansatz von Piesync sehr beeindruckt.

Bild: Hubspot Nancy Riley

ADZINE: Welche Daten werden synchronisiert? Nur die eigenen oder auch 3rd-Party?

Riley: Es geht vor allem darum, alle Informationen über den Kunden sowie dessen Interaktionen mit dem Unternehmen zentral in einem System zu verknüpfen. 3rd-Party-Daten im Sinne zugekaufter Informationen aus dritten Datenbanken zählen nicht dazu. Aus Sicht unserer Kunden sind es 1st-Party-Daten.

ADZINE: Wie wird die Integration für die Hubspot-Kunden sichtbar werden?

Riley: Zunächst wird sich nicht viel ändern. Piesync bleibt im Partnerprogramm und kann von unseren Kunden über die Hubspot-ID freigeschaltet werden. Langfristig wird es eine tiefere Integration in Hubspot geben.

ADZINE: Brian Halligan spricht vom Weg zu einer voll-integrierten All-on-one-Plattform. Was heißt das? Was ist das Ziel?

Riley: Es geht darum, alle Daten zentral verfügbar zu machen und konsistent zu halten. Wenn die Kunden dazu ihre eigenen Apps nutzen wollen, dann werden wir sie unterstützen, so gut es geht. Mithilfe eines zentralen Überblicks über ihre Kunden können Unternehmen einen personalisierten, kontextbezogenen Kundenservice anbieten – der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum.

Kuhlmann-Rhinow: Wir wollen uns vor allem im Frontend-Bereich weiterentwickeln und dort mehr Daten verarbeiten können. Das tangiert nicht nur das Marketing im engeren Sinne, sondern eben auch Themen wie Recruiting, Paid-Kampagnen oder generelle Geschäftsabläufe.

ADZINE: Das klingt nach einer Abkehr vom Ursprungsprinzip. Hubspot wollte die zentrale Datengrundlage für das Unternehmen darstellen.

Riley: Im Gegenteil. Unternehmen nutzen heute deutlich mehr Software als früher. Schließlich gibt es aktuell mehr als 7.000 Marketing-Technologielösungen. Wir wollen Unternehmen die Freiheit geben, das Tool ihrer Wahl zu verwenden, um weiter zu wachsen. Wir wollen es für sie einfacher machen, einen zentralen Überblick über ihre Kunden auf der Hubspot-Plattform zu erhalten. Mit der Technologie von Piesync haben wir einen weiteren Meilenstein auf dem Weg dahin erreicht. Unseren Kunden ist wichtig, dass sie jederzeit einfach und datenschutzkonform über die Hubspot-Plattform arbeiten. Und dass Hubspot sicherstellt, dass die Daten konsistent sind. Es gibt so fantastische Entwicklungen außerhalb des Hubspot-Universums. Es wäre nicht klug, wenn wir unseren Kunden keinen Zugang dazu ermöglichen würden.

ADZINE: Rückt damit Hubspot auch stärker in Richtung Outbound, zum Beispiel als Datenlieferant für Advertising?

Riley: Mit den Bedürfnissen der Kunden im Hinterkopf sind Advertising und Targeting eine gute Ergänzung im Inbound-Prozess. Da, wo wir helfen können, dass eine Information den Nutzer über einen Kanal oder in einer Form erreicht, die zu seiner Customer Journey passt, da entspricht das absolut unserer Idee von Marketing.

ADZINE: Bietet der zentrale Hubspot-Datenpool die Möglichkeit, dass Daten mit Advertising-Identifiern abgeglichen werden, um besseres Targeting ausspielen zu können? Bei Anbietern wie Facebook funktioniert das ja nur innerhalb des Walled Gardens.

Riley: Ja, die Möglichkeit gibt es. Natürlich achten wir extrem darauf, dass das datenschutzkonform geschieht. Aber wenn User eine Einwilligung zu Cookies geben oder sich bei einem Service einloggen und dem Tracking zustimmen, dann können sie die mit unserem CRM wiederfinden.

ADZINE: Passt Piesync zur sehr offenen Firmenkultur von Hubspot?

Riley: Absolut. Und das ist eines der wichtigsten Kriterien, das wir prüfen, bevor es zu so einer Akquisition kommt. Das Team sind echt faszinierend. Wir sind sehr froh, dass wir sie dabei haben.

ADZINE: Frau Kuhlmann-Rhinow, Frau Riley, vielen Dank für dieses Gespräch.

Schlagwörter CRM

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