Velux im Interview: Über die Ignoranz der Digitalszene und den Vorteil von Cloud-Lösungen

Frank Puscher, 6. Juni 2019
Bild: Klaus Gollwitzer - Velux

Velux ergänzt seinen bisherigen B2B-Fokus um mehr Aufmerksamkeit bei den Endkunden, damit diese Druck auf die Einkaufsentscheidungen der Handwerker und Architekten ausüben. Der deutsche Marketingleiter Klaus Gollwitzer wirft der Digitalszene eine gewisse Ignoranz gegenüber der Klassik vor.

Herr Gollwitzer, wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für Entscheider und deren Marketingorganisationen, und speziell Ihr Unternehmen? Wie kann Marketingtechnologie dabei helfen?

Klaus Gollwitzer, Bereichsleiter Marketing Velux Deutschland: Im mehrstufigen Vertrieb in unserer Branche ist die Herausforderung, über alle Absatzstufen einen messbaren Leadfunnel aufzubauen. In Bezug auf den Handel sprechen wir vom klassischen Push. In Bezug auf das Handwerk und den Endkunden machen wir den Pull. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass unsere B2B-Partner entlang der Absatzkette Umsatz und Absatz pushen. Mit unserer Wachstumsstrategie bei VELUX müssen wir den Lead übernehmen, um Wachstum zu erzeugen. Am Ende profitieren die B2B-Partner davon auch.

Also zur Herausforderung: Wir haben noch nicht den richtigen Technologiestack beziehungsweise die Vernetzung aller Komponenten, sodass wir unsere Marketingaktivitäten und -erfolge klar nachweisen und somit die Ressourcen schnell verlagern können, um Gutes besser zu machen und weniger Gutes auslaufen zu lassen. Das ist im ersten Schritt mal ein Inhouse-Thema. Aber mittelfristig müssen wir uns technisch auch besser mit dem Handel und Handwerk an der Stelle vernetzen, um gemeinsam effektiver und erfolgreicher zu werden.

Wo fehlen Ihnen heute Entscheidungshilfen?

Gollwitzer: Heute haben wir noch keine ausreichende Vernetzung aller Inhouse-Systeme, um den einen Blick auf die User Journey zu haben. Zwar können wir die Daten irgendwie zusammenführen und analysieren, aber das findet viel zu viel mit dem Blick in den Rückspiegel statt. Ein umfassendes Marketing-Datawarehouse wäre mein Traum.

Bietet Technologie denn bereits eine gute Vergleichbarkeit der Kanäle für Budgetentscheidungen?

Gollwitzer: Nein. In gewissen Bereichen funktioniert das besser, zum Beispiel online, in anderen Bereichen weniger gut. Mein Lieblingsthema ist: Wie können wir den Nutzen von Offline-Maßnahmen wie Messen besser messbar machen? Vor allem wenn wir nicht über Abverkaufsmessen sprechen, sondern über Messen, auf denen die Kontaktpflege und Kommunikation von Produktneuheiten im Vordergrund steht.

Wo sehen Sie den größten Effekt oder Hebel durch Technologieeinsatz im Marketing im eigenen Unternehmen?

Gollwitzer: Der größte Hebel liegt darin, mit Hilfe der gewonnenen Daten die Marketingaktivitäten zu optimieren, also Budget und Personal. Wie kann ich Korrelationen sichtbar machen und darauf basierend einen besseren Fokus setzen?

Sind Sie ein Fan der großen Marketing-Cloud-Anbieter – und deren Support?

Gollwitzer: Ja. Ich denke, nur über die Cloud-Anbieter kommt man schnell voran. Ich mag keine On-Premise-Lösungen. Das bedarf zu langer Implementierungszeiten und interner Aufwände. Lieber Abstriche bei den individuellen Anforderungen, dafür mehr Geschwindigkeit.

Sind Sie mit den von Ihnen lizensierten Lösungen zufrieden?

Gollwitzer: Jein. Mit unseren Google360-Lösungen sind wir zufrieden. Bei Hubspot als Inbound/CRM-Tool sind die Gefühle gemischt. Einerseits ein schönes, einfaches Tool, mit dem man schnell Ergebnisse erzielt. Andererseits kommt man sehr schnell an Grenzen. Das gilt zum Beispiel für den Formularbaukasten, wo wir immer wieder an Grenzen stoßen. Viel problematischer ist aber, dass Hubspot recht abgeschottet und die Integration mit anderen Tools in beide Richtungen recht aufwendig ist. Zugleich ist die Datenstruktur innerhalb von Hubspot aus Anwendersicht recht chaotisch, alles andere als logisch und relational.

Gibt es Marketingthemen, die von der Technologieseite bisher vernachlässigt wurden?

Gollwitzer: Ja, der gesamte Offline-Bereich wird nach wie vor vernachlässigt und bekommt daher immer den Stempel „Old-School“, das ist tradiertes Marketing und nicht zukunftsfähig. Ist dem so? Und wenn Procter & Gamble aufgrund eines Eklats das Online-Budget massiv gestrichen und dann keinerlei Umsatzrückgang festgestellt hat, wie bewerten wir dann unsere ach so tolle Online-Werbungs-Transparenz?

Herr Gollwitzer, vielen Dank für das Gespräch!

Schlagwörter Dialog Marketing Intelligence

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